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Neither Black / Red / Yellow Nor Woman

28. Sep. 2019–11. Jan. 2020

Kuratiert von Nikita Yingqian Cai und Xiaoyu Weng

Teilnehmende Künstler*innen: Chang Wen-Hsuan, Dachal Choi, Chitra Ganesh, Jane Jin Kaisen, Iris Kensmil, Sylbee Kim, Mai Ling, Laura Huertas Millán, Sara Modiano, Mai-Thu Perret, Thao Nguyen Phan, Arin Rungjang, Shen Xin, Trinh T. Minh-ha, Evelyn Taocheng Wang, Wang Zhibo, Luka Yuanyuan Yang & Carlo Nasisse, Mia Yu

Als Minh-ha 1989 ihren bedeutenden Text Woman, Native, Other: Writing Postcoloniality and Feminism veröffentlichte, waren einige der turbulenten und transformativen Ereignisse der jüngeren Weltgeschichte noch nicht geschehen – das Ende des Kalten Kriegs etwa, das sogenannte ostasiatische Wunder und die aggressivere globale Ausbreitung der identitären Bewegung. Aber Minh-ha hatte bereits eine nichtdualistische Auffassung von Frauen vorgeschlagen, indem sie feststellte: »Die Vorstellung von zwei scheinbar geschiedenen Identitäten, eine: die Ethnie und die andere: die Frau (oder genauer gesagt: das biologische Weibchen), hat wieder einmal an dem euro-amerikanischen System der dualistischen Logik teil und an seiner Jahrhunderte alten Taktik des ›Teile und Herrsche‹.«[i] Und ihre Kritik der Paradigmen westlicher akademischer Diskurse klingt im heutigen Umfeld sozialpolitischer Konflikte radikal und prophetisch zugleich. [i] Woman, Native, Other. Postkolonialität und Feminismus schreiben. Aus dem Amerikanischen von Kathrina Menke. Hrsg. und mit einer Einleitung versehen von Anna Babka, unter Mitarbeit von Matthias Schmidt. Wien: Turia & Kant 2010, S. 184.

Die Ausstellung im Times Art Center Berlin nimmt ihren Ausgangspunkt im konzeptuellen Reenactment von Werken und Archiven der Künstlerinnen Theresa Hak Kyung Cha (1951– 1982), Pan Yuliang (1895–1977) und Trinh T. Minh-ha (* 1952). Alle drei inspirierten Künstler*innen, Schriftsteller*innen, Kulturschaffende und Intellektuelle verschiedener Generationen dazu, ihre eigenen Weltbilder zu entwerfen und zu verwirklichen. Ausgehend von einer fiktiven Begegnung der drei Protagonistinnen im Jahr 1979, erzählt die Ausstellung Geschichten von Frauen, die nach ihren künstlerischen Stimmen suchen und deren Identitäten sie verfolgen und gleichzeitig zu mehr Selbstbestimmung verhelfen – unabhängig von ihren unterschiedlichen kulturellen, geografischen und historischen Hintergründen. Die Frage lautet, ob wir es uns erlauben können zu sagen: Wir sind auch Yuliang, Theresa und Minh-ha, und ob es zwischen ihnen – trotz ihrer unterschiedlichen persönlichen Geschichte, kulturellen Identifikation, ideologischen Position und Geschlechtsauffassung – Empathie und emotionale Resonanz hätte geben können.

Neither Black / Red / Yellow / Nor Woman, exhibition view, photography: graysc.de

Chitra Ganesh, She the Question, 2012, Archival LightJet print, various sizes, exhibition view

Die derzeitige Krise identitärer Politik offenbart den antagonistischen Gegensatz, der unsere Interpretation der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verfolgt, wo man sich das Leben immer noch als Opposition und Konflikt vorstellt. Angesichts dessen betrachten wir die Ausstellung als Gespräch zwischen »ihnen«, die mit »uns« verschmelzen, wodurch eine Polyphonie von grenzüberschreitenden Geschichtenerzählerinnen entsteht, die historisches Material mit fiktionalen Konstrukten zusammenbringen, jenseits der Kategorisierungen von Gender und Kultur Vermutungen anstellen und aus der Nähe miteinander sprechen. Künstler*innen, deren Bewusstseinszustand ebenfalls fließend und deren Lebens- und Arbeitsweise diasporisch ist, sind eingeladen, auf ihre eigene Auswahl konzeptueller Personae zu reagieren und neue Dimensionen von Subjektivität und wechselseitigen Beziehungen zu erforschen.

Neither Black / Red / Yellow Nor Woman ist der erste Akt einer Trilogie, die sich in der Zukunft mit mehreren Kapiteln in verschiedenen Institutionen und Geografien entwickeln wird. Der zweite Akt des Projekts, The Mythic Being of They, verdankt sich der Anregung durch Ursula K. Le Guins Vorschlag, den Gebrauch des Pronomens »they« als Singular wiederzubeleben, und die Ausstellung wird mit humanistischen Porträts von Lyrikerinnen, Schriftstellerinnen, Filmemacherinnen, Aktivistinnen, Informantinnen, Hexen, weiblichen Gurus, Geistern, Hackerinnen, Arbeiterinnen und Hausfrauen durchzogen sein. Der dritte Akt des Projekts, Not a Manifesto but a Wish List, verbindet Solidarität mit einer Feier von Unterschieden. Bei Performances und in längeren Situationen wie im Theater oder bei einer Parade wird eine Reihe von Begegnungen stattfinden, bei denen Lyriker*innen, Musiker*innen, Choreograf*innen und Opernsänger*innen neben vielen anderen eingeladen sind, die Bühne zu übernehmen.

Arin Rungjang, Gossamer Rungjang „Mother“, 2014
2-channel video, digital HD H264, color, 12’53“, 23’59“
exhibition view, photography: graysc.de

Iris Kensmil, When I Dare to be Powerful, 2019
installation (pencil on wall, oil on canvas), 380 x 439 cm,
exhibition view
courtesy of the artist

Evelyn Taocheng Wang, The Interview, 2017
video, 10’40“
courtesy of Galerie Fons Welters and the artist

Evelyn Taocheng Wang, Shirt Boat, 2017
installation (wood, ink on paper, agnès b. shirts) 75 x 60 x 153.5 cm
courtesy of Galerie Fons Welters and the artist

Dachal Choi. Untitled (After Eutheria), 2018
mousetrap, engraved metal, silicone, resin, hair, and RFID chips, dimensions variable

Sylbee Kim, The Red Liquid and Narcissus, 2017
2-channel video, 4K, color, sound, 4’50“, 3’40“; jelly, sponges, moss, water color, mirror


Vorherige Ausstellung:

Kan Xuan: Racing Gravels

26. Apr. – 29. Jun. 2019

Nächste Ausstellung:

Zhou Tao: Winter North Summer South

15. Feb. – 3. Mai 2020